Alles richtig gemacht – und doch eine verpasste Chance

Lukas Cotrell in der W&V zum neuen Markenauftritt von Škoda

Nach Audi und VW wird nun auch das Škoda-Logo flach. Lukas Cottrell hat sich für W&V Online den Brand Relaunch genauer angesehen.

Die Herkunft und Bedeutung mancher Logos zu ergründen, gleicht oft einer kleinen Schatzsuche. So ist das auch bei Škoda. Um die Bedeutung und Entstehung ranken sich spannende Geschichten und echte Mysterien. Ob alle davon wahr sind oder eventuell nur der lebendigen Fantasie der Designer entsprungen sind, lässt sich nicht immer nachvollziehen. Gestalter sind nämlich recht gut im Geschichtenerzählen. Vor allem, wenn es um die Erklärung der eigenen Arbeit geht.

Bei Škoda geht es nun um die Entwicklung des „Indianers“, wie das Unternehmen selbst das Logo in der Vergangenheit nannte, jetzt aber zeitgemäßer vom „geflügelten Pfeil“ spricht. Der Pfeil soll für Präzision stehen, die Flügel für den Fortschritt und ein Kreis für die Tradition. Schließlich ist Škoda eines der ältesten Automobilunternehmen der Welt! Im Englischen liest sich das dann mit „arrow of precision“, den „wings of progress“ und dem „circle of tradition“ nochmal doppelt prosaisch.

Warum genau der Kopf eines indigenen Ureinwohners mit Federschmuck als Emblem gewählt wurde, bleibt etwas im Unklaren. Umso schöner hingegen die Geschichte, dass Firmengründer Emil Škoda mit dem Zeichen einen treuen Begleiter seiner zahlreichen Amerikareisen verewigen wollte: Ein Bild des Reisebegleiters soll nämlich als Vorlage für das Logo gedient haben. Am Anfang noch mit fünf Federn im Kopfschmuck, später dann in seiner derzeitigen Form mit drei Federn. Seit seiner Einführung 1926 erfuhr das Logo nur wenig Veränderungen – meist nur „modischer“ Art, um mit der Zeit zu gehen.

Der flache Look folgt dem konzernüblichen Abstand bei Innovationen

So ist es auch jetzt wieder: Das Logo wird flach. Wer sich mit der Geschichte automobiler Logos auskennt, kann auch schon erraten warum: Die Anwendbarkeit in digitalen Medien soll verbessert und visuelle Komplexität reduziert werden. Nach einigen Jahren Wartezeit ist diese Erkenntnis im VW-Konzern also auch an Škoda weitervererbt worden. 2016 erschien erstmalig Audi im flachen Look, 2019 wurde Volkswagen selbst modernisiert und nun folgt mit dem konzernüblichen Abstand bei Innovationen eben auch Škoda.

Handwerklich haben die Kollegen bei der neuen Logoversion alles richtig gemacht: Die Linienstärken und Abstände stimmen, die Radien sind besser gezogen, Proportionen im Emblem und Kontraste in den Farben passen auch. Das Zusammenspiel mit der neuen Wortmarke im Größenverhältnis funktioniert.

Alles richtig gemacht, aber doch eine vertane Chance

Und doch ist das Ergebnis gestalterisch nicht der große Wurf, sondern eine vertane Chance: Denn wie eingangs erwähnt, erfordert das Bildzeichen viel Phantasie, um decodiert zu werden. Daran ändert sich auch nach dem aktuellen Relaunch wenig. Konsequent wäre es gewesen, das Logo in seiner visuellen Ausarbeitung besser zu machen und ihm die fehlende Eindeutigkeit und Emotionalität zu verleihen.

165 Versionen eines neugezeichneten Signets soll es gegeben haben und ich wette, dass unter diesen auch deutlich innovativere waren. Aber genau wie den Designern Grenzen gesetzt wurden, wird es auch Škoda im Konzern ergangen sein: Zuviel Aufmerksamkeit für die zweite Volumenmarke ist bei Volkswagen aktuell nicht gewünscht. Zumal die Verkaufszahlenzahlen nach langer Wachstumszeit wieder deutlich nach unten gehen. Die Einführung der Marke Jetta in China und die Chipkrise haben für Rückschläge bei Škoda gesorgt.

Trotzdem ist die Strategie der tschechischen Automarke wohl weiter auf internationales Wachstum ausgerichtet. Damit andere Sprachkreise kein Problem mit der Aussprache bekommen, wird das Hatschek – das Häkchen auf dem S – in der neuen Wortmarke nun versteckt. Ein kleiner, aber bemerkenswerter Schritt: Man stelle sich vor, jemand hätte das Trema im Namen „Piëch“ einfach verschwinden lassen! Der Schriftzug wirft wenig Fragen auf; wirkt technisch, robust und einfach. Das passt zum Claim „Simply clever“ des Unternehmens, auch wenn da nicht viel von innovativer Elektromobilität in der Gestaltung zu erahnen ist.

Fast hundert Jahre Geschichte verschwinden von der Motorhaube

Eine überraschende Pointe gibt es am Ende dann aber doch noch: Die Bildmarke soll zukünftig von den Fahrzeugen verschwinden. Für ein Logo das fast hundert Jahre automobile Geschichte erzählte, ist das ein Paukenschlag. Aber eben auch ein Eingeständnis, dass das Logo auch in seiner neuesten Version schwach geblieben ist. Und in der Autoindustrie ändern sich die Zeiten rasant: 2022 entspricht das „Indianer“-Logo – ähnlich wie Winnetou – weder dem Zeitgeist noch der Unternehmensstrategie. Zu Recht. Aber trotzdem schade, Škoda.

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